Der Umschlaufbeschleuniger
Als Ingenieur verfolgte Louis Opländer immer das Ziel des größtmöglichen Nutzens beim Einsatz von Technik. Sein besonderes Interesse galt der Lebensqualität der Menschen. Wohlbefinden und Hygiene zu verbessern waren Triebfedern seiner Arbeit. Eine besondere Rolle spielten dabei die Wohnverhältnisse. Anders als beispielsweise in den USA war in den 1920er Jahren in Deutschland die vorherrschende Heizungsform die gesundheitsschädliche, mit Kohle befeuerte Ofenheizung. Doch immerhin hatte sich nach dem Ersten Weltkrieg das Geschäft mit Zentralheizungen für Wohnhäuser und den Mittelstand zunehmend entwickelt, es gab enorme Fortschritte gegenüber der Vorkriegszeit. Louis Opländer war jedoch überzeugt, dass der Siegeszug der Zentralheizung in Privathäusern erst noch bevorstand, ganz im Gegensatz zu weiten Kreisen der Heizungsbranche, die vor allem auf die Großindustrie setzten. Er sollte Recht behalten.
Die Entwicklung von der Dampf- zur Warmwasserheizung hatte sich nicht abrupt, sondern über die Jahre vollzogen, bis sich schließlich die Vorteile der Warmwasserheizung durchgesetzt hatten. Doch eine Herausforderung blieb: die Trägheit, bedingt durch die große Menge an Wasser in dem Schwerkraftsystem. An einer Lösung dafür forschte neben der Firma Opländer auch die Wissenschaft.
Auf dem „XI. Kongreß für Heizung und Lüftung“ 1924 in Berlin hielt Dr. Melchior Wirtz einen Vortrag zum Thema „Beschleunigter Umlauf“. Wirtz war ein angesehener Privatdozent, der sich wissenschaftlich mit der Physik von Heizungsanlagen befasste. Er wird sicherlich gemeinsam mit Louis Opländer das Problem des beschleunigten Umlaufs diskutiert haben. Eine andere Firma hatte eine Axial-Pumpe als Umlaufbeschleuniger gebaut, die jedoch einen entscheidenden Nachteil hatte: Die Pumpe wurde angetrieben von einem Was- serstrahl, der auf ein Peltonrad wirkte. Mehr noch als die Umlaufgeschwindigkeit im System erhöhten sich dadurch die Wasserkosten – diese Lösung war nicht wirtschaftlich.
Das war also der Stand der Entwicklung, als Wilhelm Opländer 1926 ins väterliche Unternehmen einstieg. Gemeinsam arbeiteten Vater und Sohn an der Herausforderung, einen funktionierenden, wirtschaftlichen Umlaufbeschleuniger zu entwickeln – eine Pumpe. Sie hatten erkannt, dass man hierzu die Elektrizität nutzen musste, deren Kosten sich mittlerweile in vertretbaren Grenzen hielten. Die Pumpe sollte möglichst leicht und klein sein, um sie in bestehende Rohrnetze einbauen zu können. Als geeigneten Ort für den Einbau identifizierten die Opländers den Rohrbogen. Also schweißte man die ersten Prototypen hier an und machte Versuche mit von Elektromotoren betriebenen Pumpen.
1928 war es schließlich so weit: Wilhelm Opländer gelang die Entwicklung des Umlaufbeschleunigers. Ein Jahr später wurde ihm das Patent für einen „aus einem Propeller bestehenden Umlaufbeschleuniger in Leitungen einer Warmwasserheizungsanlage“ erteilt. Die Erfindung ist ein Meilenstein für die Heiztechnik und die Geburtsstunde von Wilo. Die Pumpe erhöhte gleichzeitig den Komfort und senkte den Materialverbrauch, da nun deutlich kleinere Rohrquerschnitte möglich waren. Sie eröffnete ganz neue Möglichkeiten im Heizungsbau.
1934 gab es bereits acht verschiedene Typen der „Wilo-Pumpe“, die entweder mit Dreh-, Wechsel- oder Gleichstrom betrieben wurden. Das einfachste Modell S25 war 12 Kilogramm schwer, der Motor hatte eine Leistungsaufnahme von 33 Watt und die Pumpe konnte bis zu 300 Liter Wasser pro Stunde bewegen. Die leistungsstärkste Pumpe N 156 mit einem Druck von 100 Zentimetern Wassersäule wog 70 Kilogramm und konnte mit ihren 900 Watt Leistung bis zu 45.000 Liter pro Stunde transportieren. Der Typenvielfalt zum Trotz waren zu diesem Zeitpunkt gerade einmal rund 400 Pumpen installiert. Doch der Durchbruch stand kurz bevor.
Die Vorbehalte gegen die neue Technik schrumpften mit jedem Jahr, die diese zuverlässig und effizient ihre Arbeit tat. Hoher Wirkungsgrad, ruhiger Lauf, für die damalige Zeit sehr geringe Stromaufnahme und damit minimale Betriebskosten, einfacher Einbau – es war eine Revolution. Keine, die über Nacht kam, sondern etwas Zeit brauchte. Doch schon bald verkaufte das Unternehmen nicht mehr Hunderte, sondern Tausende von „Wilo-Pumpen“.