Wilo-CEO Letter zur Coronakrise: Gemeinsam und sicher nach vorne

Oliver Hermes, Vorstandsvorsitzender & CEO der Wilo Gruppe
Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,
die Welt steht in der Coronakrise vor einer historischen Bewährungsprobe. Unfassbar viele Menschen verlieren ihr Leben, sind von Arbeitsplatz- und Wohlstandsverlust bedroht. Das Ausmaß des materiellen und auch sozialen Schadens lässt sich kaum und erst recht nicht global beziffern. Wie viel Arbeitslosigkeit auf Dauer Bestand hat, wie hoch die Anzahl der Unternehmen sein wird, die nicht mehr aufstehen können und Insolvenz anmelden müssen, ist völlig unklar.
Solidarität in Gesundheits- und Wirtschaftsfragen ist das Gebot der Stunde
Die ersten Reaktionen im Rahmen der Coronakrise waren auf politischer Ebene in vielen Ländern der Welt zunächst reflexartig und nationalistisch. Es gab einseitige Grenzschließungen nicht nur innerhalb der EU, medizinische Güter und Schutzmaterialien wurden gebunkert und an eine systematische Patientenumverteilung zwischen Ländern war zunächst nicht zu denken.
In den letzten Wochen haben weltweit die Staats- und Regierungschefs in unterschiedlichen multilateralen Gremien unter Nutzung von Videokonferenzsystemen getagt. So langsam zeigt sich die doch eigentlich klare Erkenntnis, dass das Virus keine Grenzen kennt und ein erhebliches Maß an Abstimmung und gegenseitiger supranationaler Solidarität notwendig ist, um die Pandemie einzudämmen.
Die einzelnen Regionen und Staaten werden sich zudem auch noch nach dem Sturm gegenseitig brauchen, um aus der ökonomischen Talsohle herauszukommen. Hierzu ist es notwendig in den jeweiligen Regionen umfassende Hilfspakete für solche Staaten zu schnüren, die besonders hart von der Coronakrise betroffen sind.
Um das Tief wieder zu überwinden, sind beispielsweise die Lasten der Länder wie Italien und Spanien auf alle Mitglieder der EU zu verteilen. Den Ländern ist schließlich nicht vorzuwerfen, dass sie als Erste bzw. so hart von der Pandemie getroffen wurden. Die Ausgabe von Eurobonds zur Stabilisierung der Wirtschaft wären diesbezüglich ein deutliches Signal, dass Europa souverän nach vorne geht und in Krisenzeiten sogar seine Integration erhöht. Die weitere Integration würde auch positiv auf eine weltweite wirtschaftliche Erholung wirken.
Parallel zur Meisterung der Gesundheitskrise, ist es also äußerst wichtig, den weltweit entstehenden ökonomischen Schaden zu minimieren, die Finanzstabilität zu bewahren und eine spätere wirtschaftliche Erholungsphase vorzubereiten.
So sehr Isolation im privaten Leben und Social Distancing derzeit das gesellschaftliche Umfeld prägen, so richtig ist das Gegenteil auf politischer Ebene. Es kommt jetzt in den einzelnen Regionen der Welt darauf an zu kooperieren und zu koordinieren.
Neben der Solidarität in Gesundheitsfragen ist also die Solidarität in Wirtschaftsfragen das Gebot der Stunde. Protektionismus und Abschottungsmechanismen, das zeigt die Coronakrise einmal mehr, sind nicht zielführend und erhöhen Risiken. Globale Herausforderungen wie der Klimawandel und jetzt die Corona-Pandemie können nur gemeinsam, global denkend und nicht reflexhaft-national gemeistert werden.
Wilo organisiert jetzt das „Hochfahren“
Haben sich Unternehmen gegen Ende des letzten Jahres noch minutiös um die Budget- und Mittelfristplanungen ihrer Vermögens-, Finanz- und Ertragslage für die nächsten fünf Jahre gekümmert, so ist jetzt nicht mehr nur langfristig orientiertes strategisches Verständnis, sondern handfestes kurzfristig orientiertes taktisches Geschick erforderlich. Es gilt auf Sicht durch „stürmische See“ zu steuern und gleichzeitig den richtigen Zeitpunkt mit adäquaten Maßnahmen für das „Hochfahren“ zu definieren.
Hundertausende von Unternehmen stehen vor dem „Aus“ oder verlieren ihre Unabhängigkeit. Wollen Unternehmen „Going Concern“, also die Fortführung ihrer Geschäftstätigkeit gewährleisten, müssen sie schon jetzt den Wiederaufbau, das „Hochfahren“ nicht nur planen, sondern ihre Organisation entsprechend anpassen und Maßnahmen sofort umsetzen.
Das „Hochfahren“ bedarf hierbei mindestens genauso viel taktisches Geschick wie der „Shutdown“ und muss im gleichen Maße im Geiste der Solidarität vollzogen werden.
Für uns innerhalb der Wilo Gruppe wird das „Hochfahren“ nicht ganz so komplex wie für Unternehmen, die ihre Geschäftstätigkeit komplett runterfahren mussten.
Wir sind systemrelevant und bedienen kritische Infrastrukturen
Wir haben es für unbedingt notwendig erachtet, diejenigen Tätigkeiten weitestgehend aufrecht zu erhalten, die dem Interesse der Allgemeinheit dienen und die die staatliche Daseinsvorsorge unterstützen.
Wir bedienen mit unseren Produkten, Systemen und Lösungen Anwendungen, ohne die ein alltägliches Leben fast nicht möglich ist. Wir als Wilo Gruppe übernehmen also gerade in diesen Krisenzeiten eine gesellschaftliche Verantwortung und sind fundamentaler Bestandteil der kritischen Infrastruktur in vielen Ländern auf unserem Globus.
So ist es uns gelungen, beispielsweise in den USA, Russland, Frankreich, Italien und Indien, Sondergenehmigungen zur Fortführung unserer Produktionstätigkeit zu erlangen. Unter anderem sind wir in Deutschland von einzelnen Krankenhäusern als systemrelevant eingeordnet worden. Darüber hinaus sind gemäß Bundesinnenministerium SHK-Betriebe grundsätzlich Teil der kritischen Infrastruktur.
Industrieprodukte sind entscheidend zur Bewältigung der Coronakrise
Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,
einige Journalisten stimmen jetzt schon wieder den Abgesang auf die Industrie und die „Old Economy“ an. Verwiesen wird auf den Aufstieg von Technologieriesen wie Amazon, Apple, den großen Streaming-Unternehmen, Microsoft mit seinen Cloud-Diensten und sicherlich den Gaming-Giganten wie Nintendo. All diese digitalen Unternehmen würden von der Coronakrise profitieren und ihre Geschäftsmodelle in märchenhafter Weise beflügelt. Negativ illustriert werden im Gegenzug die „Shutdowns“ der klassischen Industrieunternehmen und ein entsprechender Kursverfall an den Börsen.
Es ist sicherlich richtig, dass wir in mitten der Coronakrise die digitale Welt des Streamings, des E-Sports und auch der digitalen Lehrmittel noch mehr entdecken und deutlich stärker als vorher E-Commerce und den Online-Handel nutzen.
Die Wilo Gruppe nutzt auch hier ihre Chancen und treibt die digitale Transformation entlang der Dimensionen Produkte & Lösungen, Prozesse und Geschäftsmodelle konsequent voran. Um ein konkretes Beispiel zu nennen, steht unseren Kunden mit dem Wilo Live-Assistant ein digitaler Support per Smartphone zur Verfügung, der in dieser Art in der Pumpenbranche einzigartig ist. Ohne vor Ort sein zu müssen, können unsere Wilo Experten in 45 Ländern der Erde digital bei technischen Herausforderungen aller Art unterstützen und sind so trotz Social Distancing nah am Kunden.
Wir arbeiten auch in Krisenzeiten smart und positionieren uns noch schneller als digitaler Pionier unserer Branche. Richtig ist aber auch, dass die Coronakrise zeigt, dass Menschen ohne Industrieprodukte nicht existieren können.
Es braucht medizinisches Equipment wie industriell produzierte Atemschutzgeräte und Laborausstattungen zum Überleben. Es sind die Industrieprodukte, welche die Aufrechterhaltung kritischer Infrastrukturen in den Sektoren Gesundheit, Energie & Wasser, Transport & Verkehr gewährleisten. Auch die Güter des digitalen Online-Handels müssen erst einmal industriell produziert und physisch vorhanden sein, um virtuell vertrieben werden zu können. Selbst das in diesen Tagen rare und begehrte Gut „Toilettenpapier“ ist ein Industrie-(Luxus)-Produkt.
Es ist meines Erachtens also wieder einmal falsch, die Abendsonne der Industriegesellschaften zu beobachten. Die Krise zeigt gerade, dass beispielsweise die Wilo Gruppe, als Industrie- und Technologiekonzern, einen wesentlichen Beitrag leistet, systemrelevante Sektoren am Laufen zu halten und somit ein fundamentaler Bestandteil kritischer Infrastrukturen ist. Es sind also auch Industrieunternehmen, die in Krisenzeiten das Überleben sicherstellen.
Wir meistern die Krise solidarisch
Liebe Mitarbeiterinnen und liebe Mitarbeiter,
ich möchte an dieser Stelle meine höchste Anerkennung Ihnen allen gegenüber für das bisher in diesen Krisenzeiten Erreichte zum Ausdruck bringen. Sie alle helfen dabei, dass die Wilo Gruppe ihrem gesellschaftlichen Auftrag nachkommt. Das Virus lähmt uns nicht, sondern hat uns kreativer und solidarischer gemacht.
Wir unterstützen uns gegenseitig, zeigen mehr Mitgefühl und Empathie. Wir helfen einander und denken in Teams.
Im Zeichen der Solidarität verzichten Vorstand und Manager der Wilo Gruppe auf einen erheblichen Teil ihrer Vergütung. Diese Beträge werden einem eigens gegründeten Wilo-Solidaritäts-Fonds gespendet und sollen insbesondere den Berufsgruppen in der Wilo Mitarbeiterschaft als Prämie zu Gute kommen, die in der Corona-Krise besonderen Risiken ausgesetzt sind.
Auch Dr. E.h. Jochen Opländer, Aktionär und Ehrenvorsitzender des Aufsichtsrats der WILO SE und Stifter der Wilo-Foundation, begrüßt die Entscheidung und erklärt sich dazu bereit, sich gemeinsam mit seiner Familie am Wilo-Solidaritäts-Fonds mit einer großzügigen Spende zu beteiligen.
Zeitgleich haben die Anteilseigner der Wilo SE vereinbart, deren Mehrheitsaktionärin die Wilo-Foundation ist, dieses Jahr etwa 80% der Dividende im Unternehmen zu belassen und den Rest zeitlich gestreckt auszuschütten.
Die Wilo Corona Task Force wird zur Wilo Go-Ahead Task Force
Darüber hinaus ist es mir wichtig zu erwähnen, dass unsere global agierende Wilo Corona Task Force einen exzellenten Job macht. Ziel der Task Force ist es, sowohl die negativen gesundheitlichen Auswirkungen als auch die wirtschaftlichen Folgen für uns so gering wie möglich zu halten. Insbesondere wurde unsere Wertschöpfungskette effizient beim teilweisen „Runterfahren“ in Betrieb gehalten.
Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, den Fokus der Task Force auf ein sukzessives „Hochfahren“ zu legen, ohne dabei die gesundheitlichen Aspekte zu vernachlässigen, die arbeitsrechtliche Fürsorgepflicht gegenüber unseren Mitarbeitern nicht zu verletzen und die gesetzlichen Vorgaben und restriktiven Maßnahmen der einzelnen Länder nicht außer Acht zu lassen.
Aus der Wilo Corona Task Force wird deshalb die Wilo Go-Ahead Task Force. Ihre Aufgabe besteht nun zusätzlich darin, vorausschauende Informationen zu sammeln, Szenarien zu entwickeln und die Optionen und Maßnahmen zu ermitteln, die für ein koordiniertes „Hochfahren“ erforderlich sind.
Es geht darum, mit taktischem Verständnis, pragmatisch und schnell zu agieren. Denn die Krise bietet auch Chancen in der Eroberung von Marktanteilen und in der Verstärkung der Kundenbindung.
Lag einer der bisherigen Schwerpunkte der Task Force im Lieferanten-Management, so ist nun die Kommunikation mit dem Kunden von noch entscheidenderer Bedeutung.
Deshalb wird Peter Glauner, SVP Group Service, mit sofortiger Wirkung gemeinsam mit Stefanie Hirschmann, SVP Group Procurement & SCM, die Wilo Go-Ahead Task Force führen. Um Synergien zu heben, bleibt die Task Force ansonsten in ihrer äußerst erfolgreichen bisherigen Besetzung bestehen.
Wir definieren Strategien neu
Neben den taktischen Maßnahmen ist es wichtig, kontinuierlich unsere Strategien zu hinterfragen. Die Corona-Pandemie führt uns die Schwächen der derzeitigen Weltwirtschaftsordnung mit all ihren verwobenen Wertschöpfungsketten sehr schmerzhaft vor Augen.
Ganz konkret müssen wir unsere Lokalisierungsanstrengungen intensivieren, einzelne Regionen sollten so dezentral wie möglich und so zentral wie erforderlich agieren können.
Make-or-Buy-Strategien kommen auf den Prüfstand, die Wertschöpfungstiefe in einzelnen Regionen und Ländern wird neu definiert, In-Sourcing Aktivitäten für kritische Komponenten werden tendenziell verstärkt und eine vertikale Integration entlang der Wertschöpfungsketten auf Machbarkeit untersucht. Des Weiteren ist die Abhängigkeit von einzelnen Lieferanten durch ein Multiple-Sourcing zu reduzieren und die Sicherheitsbestände im Rahmen der Bevorratung neu zu bestimmen.
Die Gesundheit steht an erster Stelle
Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,
wir haben unsere gesamte Leistungsfähigkeit auf die Bewältigung der Coronakrise ausgerichtet. Wir standen und stehen als Wilo Gruppe immer noch vor der nun leider nicht mehr ganz so unbekannten Aufgabe, unsere Kraft und Energie auf ein einziges Problem zu fokussieren. Nämlich die Bewältigung dieser Krise.
Jetzt kommt es zusätzlich darauf an, die gleiche Handlungsgeschwindigkeit beim „Hochfahren“ an den Tag zu legen. Hier sind die sehr unterschiedlichen gesetzlichen Rahmenbedingungen der jeweiligen Länder zu berücksichtigen. Wir gehen diese neue Herausforderung mit Pragmatismus und Kreativität, mit viel Kommunikation und vor allen Dingen mit der gleichen Hilfsbereitschaft und Herzlichkeit wie bisher an. Solidarität ist auch beim „Hochfahren“ das Gebot der Stunde.
Ich freue mich sehr darauf, mit möglichst vielen von Ihnen schon bald nicht mehr nur über diesen Weg, über die sozialen Medien oder per Videobotschaft kommunizieren zu können.
Denn gerade die Krise mit ihren Erfordernissen zum Telearbeiten, digitalen Video-Konferenzen und Social Distancing sowie der teilweisen privaten Isolation zeigt, dass der Mensch auch im digitalen Zeitalter im Mittelpunkt stehen wird und nichts den persönlichen Kontakt ersetzen kann.
Bis es soweit ist, bleiben Sie weiterhin geduldig und bitte beachten Sie: Gesundheit steht an erster Stelle. Geben Sie aufeinander Acht!
Ihr
Oliver Hermes
Vorstandsvorsitzender & CEO der Wilo Gruppe
Vorsitzender des Kuratoriums der Wilo-Foundation