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07.05.2024 Nachhaltigkeit

Nachhaltigkeitsbericht 2023: Interview mit Georg Weber

Nachhaltigkeit Management Interview Nachhaltigkeitsbericht 2023

„Eine große Aufgabe, aber wir sind auf einem richtig guten Weg“

Georg Weber, Mitglied des Vorstands und CTO der Wilo Gruppe, erklärt im Interview zentrale Nachhaltigkeitsziele des Technologiekonzerns.

Herr Weber, Wilo hat eine neue Nachhaltigkeitsstrategie. Wieso?

Wir haben erkannt, dass es Zeit ist, der Nachhaltigkeit in unserer strategischen Ausrichtung, aber vor allem in unserem täglichen Handeln noch viel größeren Stellenwert einzuräumen. Daher haben wir unsere Strategie nachgeschärft und sie noch stärker darauf zugespitzt, wo Wilo einen nachhaltigen Unterschied macht – wo wir also Impact haben. Ich freue mich sehr, nun die Ärmel noch weiter hochzukrempeln, zusammen mit allen rund 9.000 Kolleginnen und Kollegen.

Geschäftsbericht 2020, Beyond, Obvious

Wo hat Wilo denn konkret Impact? Ein Beispiel, bitte.

Wir konzentrieren uns auf drei große Wirkbereiche: Creating, Caring, Connecting. Nehmen wir ein Beispiel, das auf der Hand liegt: unsere Wasserlösungen, die wir der Impact Area Creating zugeordnet haben. Strategisches Ziel ist, unsere Marktpräsenz im Bereich nachhaltiger Wasserlösungen zu erhöhen, und so bis 2030 200 Millionen Menschen einen besseren Zugang zu sauberem Wasser zu ermöglichen.

Ein ambitioniertes Ziel.

Ambitioniert, ja, aber so ist Wilo eben. Die Produkte, Systeme und Lösungen, um dieses Ziel zu erreichen, haben wir – von der Wasserversorgung, über die Abwasserentsorgung bis zur Wasserbehandlung. In den vergangenen fünf Jahren haben wir ein Drittel der Produkte eben dieses Portfolios ergänzt oder völlig überarbeitet. Wir können unseren Kundinnen und Kunden auf der ganzen Welt maßgeschneiderte Lösungen anbieten, ob in der Sub-Sahara-Region, in Südostasien oder in Irland. Und immer wie gewohnt mit hoher Energieeffizienz.

H2Powerplant auf dem Wilopark

Kundinnen und Kunden wollen aber ja längst nicht mehr nur Produkte, die im Betrieb nachhaltig sind, sondern während des gesamten Lebenszyklus.

Stimmt. Deshalb haben wir uns zum Ziel gesetzt, dass bis 2030 für 80 Prozent unseres Portfolios Lebenszyklusanalysen vorliegen. Diese Berechnungen haben gleich zwei Vorteile: Sie schaffen Transparenz beim CO2-Fußabdruck für unsere Kundinnen und Kunden. Und sie helfen uns zu erkennen, wo wir noch besser werden können.

Am Ende des Produktlebenszyklus steht bekanntlich: das Recycling. Was ist Wilos Ansatz?

Wir sind stolz, dass die potenzielle Wiederverwertungsquote unserer Produkte dank eines recyclinggerechten Produktdesigns bei nahezu 100 Prozent liegt. Vor einigen Jahren haben wir zudem zusammen mit unseren Kundinnen und Kunden einen Prozess ins Leben gerufen, um ausrangierte Pumpen aus dem Markt zurückzuerhalten und sie recyceln zu können. Und in Kürze erreichen wir einen weiteren Meilenstein: Nach jahrelanger Forschung beginnen wir mit der Produktion von Magneten aus wiederverwertetem Magnetpulver. Magnete, die wir für unsere Hocheffizienzpumpen dringend brauchen, enthalten nämlich Seltene Erden. Die Umstellung auf recyceltes Rohmaterial schont daher die Umwelt und reduziert Abhängigkeiten.

Georg Weber, Mitglied des Vorstands & Chief Technology Officer (CTO) der Wilo Gruppe, ist unter anderem für das Nachhaltigkeitsmanagement zuständig. Sein Aufgabenbereich umfasst die Bereiche Research & Development, Procurement & Supply Chain Management, Operations, Quality und Location Management.

Eine wichtige Stellschraube im Nachhaltigkeitsmanagement von Industrieunternehmen ist der eigene Energieverbrauch. Wie weit ist Wilo hier?

Derzeit produzieren alle europäischen und chinesischen Wilo-Standorte klimaneutral, bis 2025 werden es alle Standorte weltweit sein. Damit erreichen wir ein ambitioniertes Ziel, das wir uns vor einigen Jahren selbst gesetzt haben. Möglich machen diesen Erfolg erhebliche Investitionen der vergangenen Jahre, zum Beispiel in Photovoltaik-Anlagen. Wir kommen aktuell auf eine Kapazität von 20 Megawattpeak. In Hof haben wir 2023 den Startschuss für ein innovatives Energiekonzept gegeben, das vor allem auf Nahwärme beruht. Und in Dortmund haben wir bekanntlich in die innovative Wasserstoffanlage H2POWERPLANT investiert, die nun ein wichtiger Bestandteil des Wilopark-Energiekonzepts ist.

Was zeichnet das H2POWERPLANT am Standort Dortmund aus?

Die Pilotanlage in Dortmund produziert mit Energie, die über die Fotovoltaikanlage auf dem Dach der Smart Factory gewonnen wird, grünen Wasserstoff. Bei Bedarf kann der Wasserstoff über eine Brennstoffzelle wieder in elektrische Energie umgewandelt werden. Die Abwärme wird dabei im Verbundsystem zu Heizungszwecken genutzt oder gespeichert oder vor Ort in Kälte umgewandelt.

Schauen wir auf Wilos Lieferantennetzwerk. Wie schaffen Sie es, Nachhaltigkeit schon in der Beschaffung zu berücksichtigen?

Indem wir unsere Lieferanten in Trainings dazu ermutigen – und betonen, wie wichtig uns Nachhaltigkeit bereits in der Beschaffung ist. Das zeigt auch unsere Nachhaltigkeitsstrategie. Bis 2030 sollen 100 Prozent unserer Schlüssellieferanten eine EcoVadis-Zertifizierung vorweisen können. Zur Einordnung: Bereits für 2024 erwarten wir eine Quote von 20 Prozent. Eine große Aufgabe, aber wir sind auf einem richtig guten Weg.

Eine große Aufgabe ist auch die Reduzierung von Scope-3-Emissionen, also solchen Emissionen, die Wilo-Produkte, -Systeme und -Lösungen im Betrieb verursachen.

Die Reduzierung der Scope-3-Kennzahl ist eine große Aufgabe. Wilo wächst seit Jahren kontinuierlich. Wir verkaufen also immer mehr Pumpen und Pumpensysteme. Die Folgen: Erstens werden immer mehr alte,ungeregelte Pumpen durch hocheffiziente Wilo-Pumpen ausgetauscht. Und zweitens werden für neue Projekte gleich effizientere eingesetzt. Beides vermeidet also Emissionen.

Sie haben sich vorgenommen, die Scope-3-Emissionen bis 2030 um 25 Prozent zu reduzieren. Wie gehen Sie das an?

Wir haben große Initiativen gestartet. Zahlreiche Kolleginnen und Kollegen haben tolle Ideen eingebracht. Fakt ist: Unsere Produkte brauchen Strom. Doch es sollte, wenn möglich, grüner Strom sein. Wir sind also auf die Kooperation unserer Kundinnen und Kunden angewiesen – einerseits, um die tatsächlichen Emissionenzu senken, andererseits, um genaueres Wissenzum Betrieb unserer Produkte aufzubauen und so die Scope-3-Emissionen noch viel genauer berechnen und dann reduzieren zu können. Wir dürfen aber bei allen Berechnungen dieser Kennzahlen nicht aus den Augen verlieren, dass jede neue, hocheffiziente Wilo-Pumpe, die eine ältere Pumpe mit höherem Energieverbrauch ersetzt, effektiv Energie einspart.

Schauen wir auf die soziale Komponente von Nachhaltigkeit, schauen wir auf die Mitarbeitenden.

Gerne. Bei Wilo steht der Mensch im Mittelpunkt, das ist unser Versprechen. Alles, was wir tun, zahlt am Ende darauf ein, das Leben der Menschen zu verbessern. Deshalb ist uns die Zufriedenheit und das Wohlbefinden unserer Mitarbeitenden so wichtig, messbar etwa durch den Employee Engagement Score, bei dem wir über der Industrienorm liegen. Gerade erst haben wir den Spatenstich für den Health Cube gesetzt – das Projekt bedeutet ein erhebliches Investment in die Gesundheit unserer Mitarbeitenden. Und bei der Anzahl der Arbeitsunfälle liegen wir inzwischen global auf Benchmark-Niveau, um hier nur einige Beispiele zu nennen.

Wilos Nachhaltigkeitsmanagement ist beispielhaft, mit Blick auf die Umwelt und den Menschen. Das zeigen Auszeichnungen wie das EcoVadis-Platin-Rating. Was tun Sie, um Ihr Wissen mit anderen zu teilen?

Hier kommt unsere Impact Area Connecting ins Spiel. Wir engagieren uns in zahlreichen starken Partnerschaften. Allerdings nicht nur, um unser Wissen zu teilen, sondern auch, um von anderen zu lernen! Nur so lassen sich die großen Aufgaben unserer Zeit – Stichwort: Klimawandel – meistern und Synergien heben. Deshalb sind wir auf der ganzen Welt in Netzwerken engagiert, und zwar weit über das normale Maß hinaus.