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23.11.2023 Sport

Wilo Champions Talk: Lars Ricken, Teil 2

Nachhaltigkeit Video Interview Sponsoring

„Nachhaltig ist, was lange nachwirkt“

Im ersten Teil des Interviews haben wir mit Lars Ricken auf seine Karriere zurückgeblickt. Heute setzt er als Direktor des Nachwuchsleistungszentrums sein Wissen und seine Erfahrung für junge Talente ein. Hier verrät er das Erfolgsgeheimnis des BVB für eine nachhaltige Förderung junger Spieler.

Mehr zu unserer Partnerschaft mit dem BVB erfahren Sie hier.

Wilo: Lars, in gewisser Weise ist deine Geschichte auch Vorbild für heutige Jungstars. Beim BVB gibt es sowohl in der Jugend als auch bei den Profis immer wieder herausragende Talente wie Reus, Götze, Sancho, Haaland oder Bellingham. Die Liste ist lang. Die wenigsten dieser Spieler konnte man langfristig halten. Wie kann es der BVB schaffen, im Karriereplan von jungen Topspielern nicht nur eine Zwischenstation zu sein, sondern dafür zu sorgen, dass sie sich langfristig bewusst für den Verein entscheiden?

Ricken: Das sehe ich etwas anders, denn die Spieler haben sich bewusst für den BVB entschieden, als sie zu uns gekommen sind. Es macht großen Spaß, vor diesem Publikum zu spielen. Es ist etwas Besonderes, für diesen Verein zu spielen und Woche für Woche das schwarz-gelbe Trikot zu tragen. Borussia Dortmund zeichnet sich durch Werte wie Bodenständigkeit, harte Arbeit und ein einzigartiges Gemeinschaftsgefühl aus. Das wissen auch die jungen Spieler und ihr Umfeld. Sie sehen, dass Sie bei uns zum Einsatz kommen und schon in jungen Jahren Erfahrung auf höchstem Niveau sammeln können. Es gibt in den fünf Topligen in Europa keinen Verein, der U-21-Spielern so viele Spielminuten anbietet wie wir. Natürlich wollen wir immer langfristig mit den Jungspielern zusammenarbeiten. Wenn allerdings dann so finanzkräftige Vereine aus England oder Spanien kommen, bei denen man im Vertrag quasi selbst sein Gehalt eintragen kann, dann wird es schwer für uns.

Aber die Zeit, die ein junger Fußballer hier spielt, erlebt er mit aller Leidenschaft, mit allen Ambitionen und mit aller Identifikation: mit den Fans, mit dem Verein, mit der Stadt. Und wenn man dann zurückkehrt, bekommt man meist viel Applaus von unseren Fans.

Wilo: Einen wichtigen Grundstein für diese Identifikation legt ihr auch schon im Nachwuchsleistungszentrum, das du als Direktor leitest. Wie gelingt es, immer wieder für Nachwuchs auf Topniveau zu sorgen, und worauf kommt es aus deiner Sicht bei der Jugendförderung besonders an?

Ricken: Wenn wir ein junges Talent für den BVB gewinnen wollen, setzen wir uns nicht hin wie andere Vereine und sagen „Du darfst für Borussia Dortmund spielen“, sondern wir werben um den Spieler. Wir bauen keine rosa Traumschlösser auf nach dem Motto „Du wirst in drei bis vier Jahren bei uns hundertprozentig Profi“, sondern wir konzentrieren uns wirklich auf den Weg und fragen, wie wir den Spieler besser machen können. Also wir sagen nicht: „Du musst zu uns kommen, damit du uns besser machst, sondern wir sind in den nächsten drei bis fünf Jahren dafür verantwortlich, dich besser zu machen.“ Wir fokussieren uns auf einen individuellen Entwicklungsplan.

Wilo: Die Nachwuchsarbeit des BVB ist also im wahrsten Wortsinn nachhaltig?

Ricken: Es gibt viele Definitionen für Nachhaltigkeit. Letztlich ist es etwas, das lange nachwirkt. Genau das ist es, worauf wir bei der Nachwuchsförderung Wert legen. Denn wir wollen, dass die Spieler nach ihrer Ausbildung bei uns wirklich als die besten Fußballer hervorgehen, die sie mit ihren individuellen Anlagen sein können. Sie sollen als Profis die bestmöglichen Karrierechancen haben. Natürlich vermitteln wir dabei auch, dass wir einen hohen Anspruch haben: Wir wollen die Bayern einholen, wir wollen so weit wie möglich in der Champions League kommen, wir wollen den DFB-Pokal gewinnen. Die Jungs wissen: Hier werde ich vor diesem Hintergrund bestmöglich ausgebildet. Wir haben in Europa über 100 Spieler, die bei uns ausgebildet wurden, die jetzt in den ersten, zweiten oder dritten Ligen spielen. Und wenn wir das ganz hohe Niveau betrachten, hatten wir bei der Weltmeisterschaft sechs Spieler, die aus unserem Nachwuchsbereich kommen.

Wilo: Auch in der Jugend gewinnt der BVB regelmäßig Titel. Wie gelingt es, aus jungen Talenten hervorragende Jugendspieler und später herausragende Bundesliga-Spieler zu machen?

Ricken: Wir sind in den letzten sieben Jahren entweder mit der U17 oder mit der U19 Deutscher Meister geworden. Unsere Philosophie ist es, den Profi-Bereich nicht zu imitieren, aber so nah wie möglich heranzukommen. Wenn man beispielsweise im Finale der Deutschen Meisterschaft hier im SIGNAL IDUNA PARK vor 34.000 Zuschauern gegen die Bayern spielt, dann hat man die Atmosphäre, die Medien, aber auch den Druck, der auf den Profi-Bereich vorbereitet. Das ist wichtig, weil diese mentale Belastung später auf die Spieler im eigenen Stadion oder auswärts zukommt. Für die individuelle Entwicklung sind diese Erfahrungen und die Mannschaftserfolge ein elementarer Teil unserer Ausbildung.

Wilo: Vielen Dank für das Gespräch.