01.07.2021
Wissen
4.600 Jahre: Die Geschichte der Abwasserentsorgung
Wenn in Küche, Dusche, Toilette und Co. Abwasser anfällt, müssen wir uns nicht länger damit beschäftigen. Es verschwindet in der Kanalisation. Aus den Augen, aus dem Sinn. Was für uns heute selbstverständlich ist, war lange Zeit ein echtes Problem. Die bange Frage: Wohin bloß mit dem Abwasser? In den vergangenen 4.600 Jahren fanden die Menschen unterschiedliche Antworten darauf – mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg. Wir fassen die Geschichte der Abwasserentsorgung zusammen.
Wer kennt sie nicht: die Szene aus dem beliebten Weihnachtsfilm „Der kleine Lord“, in der der Junge fassungslos mit seinem reichen Großvater durch die „Earl's Lane“ reitet, in deren Mitte schmutziges, übelriechendes Wasser daher sickert. Die Frauen waschen ihre Wäsche in der trüben Brühe, Kinder spielen barfuß im Schlamm und die gesamte Szenerie ist unglaublich trostlos.
Die Romanvorlage zu diesem Film wurde im Jahre 1886 geschrieben, und zur damaligen Zeit dürfte die Abwasserentsorgung an vielen Orten Europas ähnlich schlimm gewesen sein. Seitdem hat sich jedoch vieles verbessert, sodass die Menschen heute in einem gesünderen Zeitalter moderner Sanitäranlagen, funktionierender Kanalisationen sowie Klär- und Wiederaufbereitungsanlagen leben können.
Die Geschichte der Wasserentsorgung begann aber viel früher als zur Zeit des „Kleinen Lords“.
Vor 4.600 Jahren: Die (nachweisbaren) Anfänge
Die erste funktionsfähige Kanalisation erbaute bereits das Volk der Indus-Zivilisation im heutigen Pakistan in der Zeit zwischen 2.600 und 1.800 v. Chr. Es errichtete nicht nur gut geplante Städte mit gepflasterten Straßen, sondern versah schon damals annähernd jedes Haus mit einer eigenen Toilette, die über tönerne Röhren mit der öffentlichen unterirdischen Kanalisation verbunden war.
Ein System, das dem heutigen weit überlegen ist
Ausgrabungen förderten ein nahezu perfektes System von Kanälen und Schächten zutage, das den heutigen Installationen in diesem Land weit überlegen war. Zu besichtigen sind die aus Ziegeln hergestellten Hausanschlüsse und Kanäle auch heute noch in Mohenjo-Daro nahe der Stadt Larkana in Pakistan.
Die alten Römer, Griechen und Ägypter: Neue Wege
Auch die alten Römer, Griechen und Ägypter stellten fest, dass es besonders wegen der Geruchsbelästigung weitaus angenehmer war, Fäkalien und Abfall nicht wie bisher üblich auf den Straßen zu entsorgen, sondern das Abwasser zunächst in offenen Rinnen und später durch geschlossene Röhren abzutransportieren.
Durch die besonders von den Römern errichteten Aquädukte war immer ausreichend Frischwasser vorhanden, um einen zügigen Abtransport zu gewährleisten. Man entwickelte daher im Laufe der Jahre ein flächendeckendes Kanalisationssystem. Das bekannteste Abwasserbauwerk der Antike ist die Cloaca Maxima in Rom, ein gewaltiges unterirdisches System, das in den Tiber mündete. Ihre Größe ist auch heute noch beeindruckend – sie beträgt rund drei Meter in der Breite und über vier Meter in der Höhe.
Krankheiten dank mangelnder Privatsphäre
Interessant und in der heutigen Zeit undenkbar waren die in den Innenstädten des römischen Reiches erbauten Latrinen: Es gehörte zum guten Ton und zum gesellschaftlichen Miteinander, seine menschlichen Bedürfnisse in der Öffentlichkeit zu verrichten – oft zu vielen Menschen nebeneinander sitzend und mit rauschendem Wasser unter sich, damit die Verrichtungen schnellstmöglich abtransportiert wurden.
Heute weiß man allerdings, dass diese Latrinen bei Weitem nicht so hygienisch waren, wie bisher angenommen. Im Gegenteil wurden hier viele Krankheiten übertragen, was natürlich auch mit der mangelnden Privatsphäre zusammengehangen haben mag.
Das Mittelalter: Zurück in die Steinzeit
Die Menschen des christlichen Abendlandes mussten im Mittelalter unter ganz anderen Umständen leben: Mit dem Untergang des römischen Reiches war das Wissen über den Bau und Unterhalt von Kanalisationen verloren gegangen und daher fand sich das häusliche Abwasser gemeinsam mit den Küchen- und anderen Abfällen auf den Straßen wieder. Auch die Notdurft wurde oftmals direkt dort verrichtet. Die Städte waren schmutzig, und Körperhygiene war für die meisten Menschen ein Fremdwort.
Lediglich die Bewohner der Burgen, also die feinere Bevölkerung, verfügten über „Plumpsklos“ an den Außenseiten ihrer Gebäude oder konnten es sich leisten, unterwegs sogenannte „Abtrittanbieter“ in Anspruch zu nehmen – Menschen, die mit Eimern und in lange Mäntel gekleidet unterwegs waren, unter denen man seine Notdurft verrichten konnte. Ganz abgesehen von den üblen Gerüchen wurden so auch Krankheiten begünstigt, da das Wasser der Flüsse auch als Trinkwasser diente. In dieser Zeit ereigneten sich immer wieder schwere Epidemien wie Cholera, Pest oder Typhus, die jedes Jahr viele Menschen dahinrafften.
Die Themse wurde vom Abwasserkanal zum Fluss
In der Mitte des 19. Jahrhunderts, und damit sind wir auch fast wieder beim „Kleinen Lord“ angekommen, ereignete sich in London eine große Cholera-Epidemie, die alleine in den Jahren 1853 und 1854 über 10.000 Menschen das Leben kostete. Glücklicherweise stellten findige Wissenschaftler bald die Verbindung zwischen den schlechten sanitären Bedingungen und den immer wiederkehrenden Krankheiten fest und entwickelten die erste Kanalisation der Neuzeit. Ende des 19. Jahrhunderts errichtete der Ingenieur Joseph Bazalgette ein modernes Kanalsystem mit einer Länge von fast 1.800 km unter London. Dadurch konnte in der Themse wieder Leben entstehen, nachdem sie jahrhundertelang selbst als Abwasserkanal gedient hatte.
Die Moderne: Kläranlagen als neueste Erfindung
Das späte 19. und frühe 20. Jahrhundert brachte die Geschichte der Abwasserentsorgung schließlich viele Meilensteine weiter. Aufgrund der zunehmenden Industrialisierung und der Tatsache, dass nun auch giftige Industrieabfälle ins Abwasser gelangten, mussten die ersten Kläranlagen her, die zunächst mit recht einfachen Verfahren wie großen Rechen die festeren Bestandteile aus dem Wasser entfernte.
Heute wird unser gesamtes Abwasser über Rohre und Kanäle bis zu den Kläranlagen geleitet, wo mittels moderner Verfahren Bakterien mit zugeführtem Sauerstoff die schädlichen Substanzen wie zum Beispiel Stickstoff, Phosphor und Kohlenstoff abbauen.
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