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26.02.2023

Recht & Verbraucher

Factoring im Handwerk: Nie wieder Ärger mit offenen Rechnungen?

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Arbeit erledigt, Rechnung eingereicht – und trotzdem noch keine Zahlung erhalten. Offene Forderungen können bei Handwerksbetrieben nicht nur für Frust, sondern auch für finanzielle Probleme sorgen. Wer dies umgehen möchte, sollte sich mit dem Thema Factoring beschäftigen. Wir zeigen Ihnen, ob es sich für Ihren Handwerksbetrieb lohnt und worauf Sie dabei achten sollten.

Was ist Factoring?

Factoring beschreibt den Verkauf offener Forderungen an Dritte – die sogenannten Factor. Dies können Banken oder auch spezielle Factoring- Gesellschaften sein. Der Ablauf ist simpel: Führen Sie zum Beispiel einen Handwerksbetrieb, werden Ihre Rechnungen zunächst wie gewohnt an die Kunden ausgestellt. Die Forderung treten Sie dabei jedoch an den Factor ab. Dieser zahlt Ihnen kurz danach einen Großteil der Rechnungssumme aus und übernimmt im Anschluss auch den Zahlungseinzug. Den Rest der Summe erhalten Sie, nachdem die Kunden ihre Rechnung beim Factor beglichen haben. Je nach Art des Factorings kümmert er sich dabei auch um Mahnungen und Zahlungsausfälle. Für diesen Service fällt im Gegenzug eine Gebühr an, die sich zwischen verschiedenen Factoring-Anbietern unterscheidet.

Sonderfall Handwerk: Das VOB Factoring
Obwohl das Factoring in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen hat, nutzen vor allem kleine Handwerksbetriebe die Möglichkeit immer noch selten. Ein Grund: Die Besonderheiten der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB). Denn oft müssen sich Handwerksbetriebe bei ihrer Rechnungsstellung an diesen Richtlinien orientieren. Mittlerweile haben sich daher einige Anbieter auf das VOB Factoring spezialisiert. Sie berücksichtigen in ihren Leistungen auch besondere Fälle wie Teilzahlungen oder Mängel. Allerdings: Das VOB Factoring ist oft teurer als Lösungen für andere Branchen.

Welche Arten von Factoring gibt es?

Auch beim Factoring selbst gibt es Unterschiede. Die folgenden Arten sollten Sie dabei kennen:

  • Echtes Factoring: Der Factor übernimmt das volle Ausfallrisiko Ihrer Forderungen. Sie werden somit vor ausbleibenden Zahlungen Ihrer Kunden geschützt. Als beliebteste Methode gilt dabei das Full-Service- Factoring, bei dem der Factor zusätzlich das gesamte Debitorenmanagement übernimmt. Sie müssen sich somit auch nicht mehr um Mahnungen oder die Buchhaltung kümmern.
  • Unechtes Factoring: Der Factor zahlt zwar die Rechnungssumme aus, übernimmt jedoch kein Ausfallrisiko für Ihre Forderungen. Das heißt: Begleichen Ihre Kunden die Rechnungen nicht, müssen Sie das Geld an den Factor zurückzahlen. Meist ist diese Variante deutlich günstiger als echtes Factoring.
  • Offenes Factoring: Ihre Kunden werden über den Verkauf der Forderungen informiert. Durch einen Vermerk in den Rechnungen werden sie darauf hingewiesen, dass der Betrag direkt an den Factor zu zahlen ist. Diese Variante gilt in der Praxis als üblich.
  • Stilles Factoring: Ihre Kunden werden über den Verkauf der Forderungen nicht informiert. Die ausstehenden Beträge fließen dabei zwar auf Ihr Konto, allerdings müssen Sie es zuvor an den Factor abtreten oder verpfänden. Meist ist diese Variante deutlich teurer als offenes Factoring.
Unterschied zwischen Inkasso und Factoring
Das Vorgehen beim Factoring ähnelt dem Prozess eines Inkassoverfahrens. Dennoch gibt es einen wichtigen Unterschied, der das Factoring vom Inkasso abgrenzt. Ein Inkassoverfahren tritt in der Regel auf, wenn Forderungen bereits überfällig sind. Das heißt, dass der Kunde trotz mehrerer Aufforderungen und Mahnungen die offenen Rechnungen nicht beglichen hat. Ein Inkassobüro unterstützt dann dabei den Schuldner zur Zahlung zu bringen. Das Factoring setzt hingegen früher an. Hier werden nicht nur überfällige Rechnungen, sondern alle bestehenden Forderungen direkt an ein Factoringunternehmen verkauft. Factoring bezieht sich somit auf den Verkauf von Forderungen an Dritte, um das Risiko von Zahlungsausfällen zu minimieren und Liquidität zu erhöhen, während Inkasso sich auf den Prozess des Einziehens von überfälligen Forderungen bezieht, die von Kunden geschuldet werden.

Welche Vorteile bietet Factoring für Handwerksbetriebe?

Zu den wichtigsten Vorteilen des Factorings zählen:

  • Höhere Liquidität: Factoring-Anbieter können einen Großteil der Rechnung sofort an Sie auszahlen und den finanziellen Spielraum Ihres Handwerksbetriebs erweitern. So können Sie nicht nur sicherer planen, sondern auch eigene Lieferanten schneller bezahlen – und somit auch bessere Konditionen aushandeln. Ein weiterer Vorteil: Da Sie nicht direkt auf die Zahlung Ihrer Kunden angewiesen sind, können Sie mit ihnen auch längere Rechnungsfristen vereinbaren. Insbesondere wenn Sie offene Forderungen ansonsten mit einem Kredit vorfinanzieren würden, sollten Sie zuvor die Möglichkeit des Factorings prüfen.
  • Kein Ausfallrisiko: Im Zuge des echten Factorings können Sie nicht nur Ihre Forderung, sondern auch das Risiko für Zahlungsausfälle verkaufen. Sie schützen sich somit davor, dass Kunden die Rechnungen nicht bezahlen können. Zwar könnten Sie hierzu auch eine sogenannte Warenkreditversicherung abschließen, allerdings dauert es länger, bis Versicherungen die Beträge auszahlen.
  • Verbesserung der Bilanz: Im Zuge der Risikoübergabe scheiden die Forderungen auch aus Ihrer Bilanz aus. So können Sie die Eigenkapitalquote Ihres Handwerksbetriebs erhöhen und in der Folge auch Ihre Bonität steigern. Dies wirkt sich positiv bei der Vergabe von Krediten aus.
  • Entlastung der Buchhaltung: Je nach Anbieter und Art des Factorings können Sie das gesamte Debitorenmanagement Ihres Handwerksbetriebs auslagern. Dazu zählen Aufgaben wie die Bonität der Kunden zu prüfen, Geldeingänge zu überwachen oder Mahnungen zu verschicken. Manche Factoring-Anbieter stellen auch eine Software zur Verfügung, mit der Sie die Rechnungen schnell einreichen können. Oft kann dies nicht nur Zeit, sondern auch Nerven sparen.

Worauf sollten Handwerksbetriebe achten?

Grundsätzlich sollten Sie prüfen, ob das Factoring eine geeignete Finanzierungsform für Sie ist. Dies könnte zum Beispiel der Fall sein, wenn Sie die Eigenkapitalquote Ihres Handwerksbetriebs erhöhen möchten. Auch wenn Ihre Kunden sich bei Zahlungen oft Zeit lassen, kann das Factoring für schnelle Liquidität sorgen. Dazu sollten Sie die folgenden Punkte im Blick haben:

  • Vertrag: Alle Konditionen des Factorings werden in einem Rahmenvertrag geregelt. Dazu gehören vor allem Laufzeit, Anzahl der Forderungen und Kosten. Wichtig ist: Der Vertrag sollte transparent sein und die individuellen Anforderungen Ihres Handwerksbetriebs berücksichtigen.
  • Kosten: Factoring-Anbieter stellen ihren Service nicht umsonst zur Verfügung. Die Kosten setzen sich vor allem aus den Gebühren und Zinsen zusammen. Entscheidend hierfür sind unter anderem die Bonität Ihres Betriebs oder die Anzahl der Rechnungen.
  • Anbieter: Neben den Hausbanken können auch Factoring-Gesellschaften eine gute Wahl sein. Doch hierbei sollten Sie unter anderem darauf achten, dass der Anbieter eine Zulassung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) hat. Dazu ist ein Factor empfehlenswert, der bereits Erfahrungen mit der Handwerksbranche hat.

Eine Liste von Factoring-Anbietern finden Sie zum Beispiel beim Deutschen Factoring-Verband.