Wie sich Landwirte an den Klimawandel anpassen
Hitze, Dürren, Unwetter – der Klimawandel wirkt sich immer stärker auf die landwirtschaftliche Produktion aus. Bauern müssen neue Wege gehen, um Ernteausfälle zu vermeiden und die Lebensmittelversorgung sicherzustellen. Dafür ist weltweite Zusammenarbeit gefragt: Länder des globalen Südens können von den westlichen Industrienationen profitieren – und umgekehrt.
Dieser Text ist Bestandteil des Wilo-Geschäftsberichts 2022.
Klimawandel bedroht Ernten: Subsahara-Afrika drohen 50 Prozent Ernteeinbußen
Für Burkina Fasos Volkswirtschaft ist der Agrarsektor von zentraler Bedeutung. Rund ein Drittel seines Bruttoinlandprodukts erwirtschaftet der westafrikanische Binnenstaat aus der Landwirtschaft. 80 Prozent der Bevölkerung baut Obst, Gemüse und Getreide für die eigene Lebensmittelversorgung an. Das wird zunehmend schwieriger: Immer schlechter vorhersehbare Regenphasen, steigende Temperaturen und Extremniederschläge führen häufig zu Ernteausfällen. Prognosen zufolge kann das Einbußen von bis zu 50 Prozent in Burkina Faso und anderen Ländern in Subsahara-Afrika bedeuten.
Landwirtschaft in Zeiten des Klimawandels: Anpassen an neue Bedingungen
Das Beispiel Burkina Faso zeigt, wie sich der Klimawandel auf die Landwirtschaft auswirkt. Laut Weltklimarat hat die globale Erwärmung in einigen Teilen der Welt die Ernteerträge bereits sinken lassen. Und die Situation kann sich noch verschärfen. Bei einem Temperaturanstieg von drei Grad oder mehr, so der Klimarat, sei es in direkter Äquatornähe nicht mehr möglich, die Landwirtschaft an die neuen Bedingungen anzupassen. Deshalb geschieht das schon heute. In Burkina Faso wurde zusammen mit dem deutschen Bundesministerium für Bildung und Forschung ein Programm gestartet, das zwei Ziele verfolgt. Einerseits soll es Niederschlagsmengen besser erfassen und vorhersagen, um so mehr Planungssicherheit zu schaffen. Andererseits installiert es ein neuartiges Speichersystem für Regenwasser, um dieses bei Bedarf für eine zusätzliche Bewässerung zu nutzen.
Hohe Temperaturen verursachen hohe Kosten
Auch in Deutschland sind die Folgen des Klimawandels deutlich spürbar. Sie drücken sich aus in heftigen Regenfällen, Temperaturen von 40 Grad und mehr, langen Trockenperioden und plötzlichen Unwettern. 14 der 20 wärmsten Jahre seit Beginn der Wetteraufzeichnungen lagen in den vergangenen 20 Jahren. Das hat auch deutliche Folgen auf die Agrarproduktion: Laut einer aktuellen Studie des Forschungsinstituts Prognos entstanden allein in den Jahren 2018 und 2019 durch Hitze und Trockenheit Schäden in Höhe von mehr als 25 Milliarden Euro, 4,4 Milliarden Euro davon in Form von Ertragseinbußen in der Landwirtschaft.
Weizen und Raps profitieren, Mais und Rüben leiden
Dieses Bild spiegelt sich auch im jährlichen Erntebericht des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft wider – wenn auch in unterschiedlicher Weise. Winterkulturen wie Weizen oder Raps, die früh geerntet werden, brachten im vergangenen Jahr unerwartet gute Erträge. Spät angebaute Kulturen wie Mais und Zuckerrüben litten jedoch stark unter dem trockenen Sommer. Auch für deutsche Bauern wird es also immer wichtiger, sich anzupassen, um die Nahrungsmittelversorgung auch langfristig sicherzustellen. Zu den erfolgreichsten Strategien zählt dabei laut Erntebericht eine nachhaltige Landwirtschaft mit einer hohen Biodiversität und abwechslungsreichen Fruchtfolgen.
Nachhaltige Fruchtfolge dank Kichererbse und Lupine
In den vergangenen Jahren haben Landwirte dies schon erfolgreich umgesetzt. So finden sich zunehmend etwa Kichererbsen, Lupinen oder Süßkartoffeln auf deutschen Äckern – Pflanzen, die auch bei höheren Temperaturen und mit wenig Wasser gut gedeihen. Die Bundesregierung unterstützt solche Ansätze mit der Eiweißpflanzenstrategie. Sie bietet Landwirten Anreize, neben Getreide und Ölsaaten verstärkt auch Hülsenfrüchte anzubauen. Damit verfolgt sie unter anderem das Ziel, die Artenvielfalt zu fördern und die Eiweißversorgung aus heimischer Produktion zu steigern. Auch Sojabohnen eignen sich zunehmend dafür, auf europäischen Äckern zu wachsen. Dazu hat das Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung im brandenburgischen Müncheberg jüngst eine Untersuchung angestellt. Zentrales Ergebnis: Mit Sojabohnen können die Landwirte nicht nur ihre Fruchtfolge erweitern, sondern auch dazu beitragen, die Importe aus Brasilien und den USA zu verringern – ein weiterer Schritt in Richtung einer nachhaltigen Landwirtschaft.
Ausgleichszahlung für Klimafolgen in Entwicklungsländern
Deutschland kann auf ausreichend Geld, Fachwissen und Technologie zurückgreifen, um die Landwirtschaft an neue Bedingungen anzupassen. Diese Ressourcen sind in vielen Ländern jedoch nicht vorhanden. Vor allem Schwellen- und Entwicklungsländer leiden darunter. Sie sind oft besonders stark vom Klimawandel betroffen, stoßen auf der anderen Seite selbst aber nur sehr wenig Kohlendioxid aus. Über dieses Ungleichgewicht haben die Staaten der Weltgemeinschaft im vergangenen Jahr auf der UN-Weltklimakonferenz im ägyptischen Sharm el Sheikh diskutiert. Und sind dabei zu einer Einigung gekommen: Die Länder des globalen Südens sollen Finanzmittel zum Ausgleich ihrer Klimaschäden bekommen.
Internationaler Fonds fördert Anpassungsmaßnahmen
Wie genau diese Mittel eingesetzt werden, muss noch verhandelt werden. Doch auch heute schon unterstützen Industrieländer Schwellen- und Entwicklungsländer finanziell dabei, ihre Landwirtschaft nachhaltig an die neuen Bedingungen anzupassen. Dafür haben die Vereinten Nationen den International Fund for Agricultural Development (IFAD) aufgelegt. Dieser hilft unter anderem Kleinbauern in Entwicklungsländern dabei, sich besser gegen die Folgen des Klimawandels zu rüsten. Mittel aus dem Fonds haben etwa in Papua-Neuguinea dazu beigetragen, dass sich Kakao- und Kaffeebauern besser mit ihren Abnehmern und der Agrarindustrie vernetzt und Wissen zu einer nachhaltigen Landwirtschaft aufgebaut haben. In der Folge stiegen die Kakao- und Kaffeeverkäufe um 82 Prozent.
Westafrikanischer Erfindergeist
Viele Schwellen- und Entwicklungsländern haben auch längst eigene Anpassungsmethoden entwickelt, um die Lebensmittelversorgung sicherzustellen. Denn mit Themen wie Dürre und extremen Wetterereignissen mussten sie sich schon viel früher auseinandersetzen als die westlichen Industrienationen. In Burkina Faso etwa nutzen Bauern die sogenannte Zaï-Technik, um trockene Böden wieder instandzusetzen und deren Fruchtbarkeit zu steigern. Dafür heben sie mit einem Grabstock kleine Löcher aus und füllen diese mit organischem Material. Der Bauer Yacouba Sawadogo entwickelte das Verfahren weiter und begrünte auf diese Weise einen ganzen Landstrich. Dafür erhielt er im Jahr 2018 den Right Livelihood Award, auch bekannt als „alternativer Nobelpreis“. Angesichts des Klimawandels rücken solche Verfahren auch in den Blickpunkt europäischer Agrarwissenschaftler. Und zeigen: Nicht nur der Klimawandel ist ein globales Thema für die Landwirtschaft – auch gute Ideen, wie man sich an die neuen Bedingungen anpassen kann, sind es.
Zusammenfassung: Klimawandel erfordert nachhaltige Landwirtschaft
Der Klimawandel führt zu Ernterückgängen in der Landwirtschaft und gefährdet damit die Nahrungsmittelsicherheit. Diese Folgen werden sich in den kommenden Jahren noch verstärken. Deshalb müssen Bauern aus aller Welt ihre Produktionsmethoden nachhaltig an die neuen Bedingungen anpassen. In Deutschland geschieht dies etwa, indem zusätzliche, besonders hitzebeständige Pflanzen wie etwa Hülsenfrüchte in die Fruchtfolge integriert werden. Um die Nahrungsmittelversorgung auch in Zukunft sicherzustellen, arbeitet die Welt auch länderübergreifend zusammen. Industrieländer unterstützen Entwicklungsländer mit Technologie, Wissen und Geld. Die Länder des globalen Südens sind dem Problem schon lange ausgesetzt und haben eigene Lösungsansätze entwickelt – von denen auch Industrienationen etwas lernen können.